Mein schottisches Kommunikationsexperiment im Velener Tiergarten

Gestern durfte ich den Rinderzüchter Richard Löttert auf seinem Weidegang begleiten. Ich bin schottischen Hochlandrindern auf unterschiedlichen Weiden hautnah - und manchen auch mit viel Respekt - begegnet und habe mich auf neue Kommunikationsformen eingelassen. Spannend!

Die genügsamen „Tiergarten Highlander“ sind Teil eines Naturschutzprojektes und weiden ganzjährig auf renaturierten Flächen. Ausgewiesenes Ziel ist die Erhöhung der Biodiversität. Zusätzlich ist das würzige Fleisch bei Kennern beliebt und begehrt.

Aktuell hat sich Löttert zum Ziel gesetzt, einige Tiere gezielt auf die Kommunikation mit Menschen vorzubereiten. Da die Ruhe und Gelassenheit dieser Rasse sprichwörtlich ist, kann ihre pure Anwesenheit gestressten Menschen helfen, sich zu entspannen.

Vor der ersten Begegnung erhalte ich wichtige Informationen: Schottische Hochlandrinder haben eine Wahrnehmungs- und eine Bewegungszone. Es ist also wichtig, sich ihnen langsam zu nähern und nicht ruckartig von einer in die andere Zone zu springen. Die Augen der schottischen Hochlandrinder sind nach außen gerichtet. Dadurch haben die Tiere ein kegelförmiges Blickfeld nach vorn und einen großen blinden Fleck. Auch gut zu wissen.

„Die Tiere sind vom Charakter her tiefenentspannt“ beschreibt Züchter Richard Löttert. „Gleichzeitig haben sie ein besonderes Gespür für Angst und Stress.“ Aha, ich atme also tief durch, bevor ich gemeinsam mit Löttert die Weide von Marcus, dem dreijährigen Bullen und seiner Gruppe betrete. Wir nähern uns langsam, die Tiere beobachten uns mit stoischer Ruhe und bewegen sich keinen Zentimeter. Erst als Löttert seinen mitgebrachten Striegel ansetzt und beginnt, den Bullen zu bürsten, nähern sich die anderen Tiere der Gruppe neugierig. Ein Jungtier stupst Marcus von hinten an, Marcus reagiert unerwartet schnell und wir – gehen ruhig und gelassen auf die Seite. Noch einmal tief atmen!

Auf der nächsten Weide treffen wir vier Kühe mit ihren Kälbern in der Mittagspause. Neugierige Blicke begleiten uns und es dauert fast fünf Minuten, bevor das erste Kälbchen sich erhebt und interessiert auf uns zukommt. In sicherer Nähe bleibt es stehen, die Mutterkuh dreht den Kopf und gibt ihm ein offensichtlich eindeutiges Signal – das Kälbchen legt sich wieder zur Gruppe.

Dann kommen wir zum Star der Truppe: Der 10jährige Zuchtbulle Malcolm grast genüßlich mit seinem Sohn Malcom junior und einigen anderen Jungbullen auf der nächsten Weide. Löttert striegelt Malcolm – einen Bullen von einer Tonne Körpergewicht, der die Bürste sichtlich genießt. Respekt! Und so werde auch ich mutiger und striegele Malcolm Junior - vorsichtig.

Den Abschluss bildet ein Besuch bei Doris, der Mutter eines neugeborenen weißen Kälbchens. Süß!

Mein erstes Fazit: Durch das ruhige Beobachten der Tiere atme auch ich ruhiger, ich denke an nichts anderes und bin ganz im Augenblick. Das gefällt mir. Und Züchter Löttert hält mich auf dem Laufenden. Vielleicht können wir bald das Flipchart auf die Weide bringen und dort arbeiten?

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